Schwerte: Elf Monate nach nächtlicher Abschiebung kommt Familie aus Bangladesch zurück

Zum Jahresausklang gibt es auch von uns gute und hoffnungsvollere Nachrichten. Und zwar aus Schwerte. Eine im Januar 2022 des Nachts nach Bangladesch abgeschobene dreiköpfige Familie hat kürzlich ihre Visa zur Wiedereinreise erhalten. Dies ist Ergebnis eines beeindruckenden zivilgesellschaftlichen Engagements, insbesondere aus den Reihen des ehrenamtlichen Arbeitskreises Asyl Schwerte. Viele Menschen blieben im Kontakt mit der Familie, nahmen an ihrem Schicksal teil und setzten sich für sie ein. Auch eine Anwältin blieb am Ball. Für die Rückkehr der Familie ist es auch gelungen, die Wiedereinreisesperre deutlich zu verkürzen. Die Eltern können vor Ort eine Arbeit aufnehmen.

Rückblick

Im Februar 2022 hatte das Abschiebungsreporting NRW das nächtliche Eindringen der Beamt:innen des Kreises Unna in die Wohnung der Familie samt Einsatz des Schlüsseldienstes gemeinsam mit dem Arbeitskreis Asyl Schwerte scharf kritisiert. Am stärksten betroffen von der Behördenaktion war insbesondere die damals sechsjährige Tochter der Familie, die in Schwerte die Grundschule besuchte. Sie übergab sich auf dem Weg zum Flughafen Hannover. Ihre Mutter berichtete später dem WDR, dass sich das Mädchen die Schuld an der Abschiebung gebe. Wie erschütternd!

Die breite öffentliche Diskussion über die nächtliche Abschiebung der Erstklässlerin und die Beharrlichkeit der Aktiven vor Ort führte schließlich auch dazu, dass sich die kommunalpolitischen Gremien im Kreis Unna eingehender mit der Abschiebungspraxis beschäftigen. So tagt seit Juni 2022 die Ausländerrechtliche Beratungskommission des Kreises Unna in erweiterter Runde und bezieht dafür auch ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Strukturen ein. Ein Schwerpunkt der Diskussion: die Rechte von Kindern. Dies zeigt: das Abschiebungsreporting NRW wirkt.

Wichtig auch: Diese für die kleine Familie traumatische Nachtabschiebung hätte verhindert werden können, hätte die damalige schwarz-gelbe Landesregierung schon zu Beginn des Jahres 2022 eine Vorgriffsregelung im Hinblick auf das im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vorgesehene sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht getroffen. Denn die Familie lebte schon vor 2017 in Deutschland. Doch aus Düsseldorf kam über Monate nichts in Sachen Bleiberecht.

Erfreulich ist auch, dass erreicht werden konnte, dass die Familie die absurd hohen Abschiebekosten nicht selbst tragen muss, wie es eigentlich vorgesehen ist. Dies berichten die Ruhr Nachrichten. Und das ist sehr wichtig, hat doch nach Angaben der Bundesregierung allein das Fluggerät für die Sammelabschiebung von Hannover nach Bangladesch im Januar 2022 über 375.000 EUR gekostet (bei 26 abgeschobenen Personen, sh. BT-Drs. 20/3130, Anlage). Die Kosten dafür trug die europäische Agentur Frontex.

Pressebericht:

Rückkehr aus Bangladesch? Anisha (7) wünscht sich Fischstäbchen und Kartoffelpüree, in: Ruhr Nachrichten vom 17. Dezember 2022

Mehr:

Nachtabschiebung statt Chancen-Aufenthaltsrecht, Presseinformation Abschiebungsreporting NRW vom 15. Februar 2022

Weitere Presseberichte:

Tränen im Flughafen-Terminal. Rückkehr aus Bangladesch nach Schwerte, in: Ruhr Nachrichten vom 22. Dezember 2022

Arnina (8) nach dem Abschiebungs-Drama. „Sie hatte ständig Angst vor Polizisten“, in: Ruhr Nachrichten vom 29. September 2023