Gewalt und Erniedrigung: Abschiebung eines chinesischen Mannes aus der ZUE Ratingen nach Frankreich zeigt auf, wie Dublin-Abschiebungen in der Realität aussehen

**Der nachfolgende Erfahrungsbericht enthält Schilderungen von Behördengewalt.**

Viel wird in diesen Tagen über Abschiebungen geredet, viel auch über die im Behördendeutsch als „Überstellungen“ bezeichneten Abschiebungen in andere europäische Staaten auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung. Selten wird darüber gesprochen oder berichtet, was diese Abschiebungen konkret für die davon betroffenen Menschen bedeuten.

Ein chinesischer Geflüchteter, Wang*, hat dem Abschiebungsreporting NRW vor einigen Monaten von seinen Erfahrungen berichtet. Im Juli 2024 wurde er unter massiver Gewaltanwendung von den nordrhein-westfälischen Behörden nach Frankreich abgeschoben. Grundlage war ein Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, dass Frankreich auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung für das Asylverfahren zuständig sei. Zuvor war Wang in der Zentralen Unterbringungseinrichtung Ratingen untergebracht. Für Abschiebungen von dort ist die Zentrale Ausländerbehörde in Essen zuständig.

Wang hat uns seine Erfahrungen geschildert. Bei der Abschiebung wurde ihm zudem eine Brille abgenommen, die nicht sofort zurückgegeben worden ist, auf die er aber angewiesen ist.

Einen Ausschnitt der Schilderungen von Wang haben wir mit einem fiktiven Avatar als Video aufbereitet. Das Erscheinungsbild des Avatars und die Stimme haben keine Ähnlichkeiten mit Wang.

Den vollständigen Erfahrungsbericht verlinken wir hier. Er wurde im August 2024 in chinesischer Sprache verfasst und ist in die deutsche Sprache übertragen worden.

Nach der Abschiebung hat das Abschiebungsreporting NRW wegen der massiven Gewaltanwendung eine Beschwerde an das Ministerium für Flucht und Integration (MKJFGFI NRW) gerichtet. Das MKJFGFI NRW verwies in einem Schreiben vom 12. September 2024, dass die Abschiebung verhältnismäßig verlaufen, gerechtfertigt und nicht zu beanstanden sei. Die Nichtrückgabe der Brille wurde jedoch seitens der Zentralen Ausländerbehörde Essen eingeräumt. Die Brille sei am 27. August 2024, ca. einen Monat nach der erfolgten Abschiebung, postalisch nach Frankreich übermittelt worden.

*Der Name wurde geändert.

Hintergrund:

Im ersten Halbjahr 2024 gab es bundesweit 474 als Überstellungen bezeichnete Abschiebungen nach Frankreich auf Grundlage der Dublin-III-Verordnung, im Jahr 2023 waren es 575.
Quellen: Bundestags-Drucksachen 20/12626 und 20/11471