Gemeinsame Pressemitteilung des Abschiebungsreportings NRW und des Ökumenischen Netzwerkes Asyl in der Kirche NRW vom 21.12.2023
Köln/Münster. Die gewaltsame Räumung eines Kirchenasyls in Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) durch die Kieler Ausländerbehörde unter Beteiligung des Polizei-Spezialeinsatzkommandos (SEK) am 20.12.2023 ist eine neue Eskalationsstufe, die das Kirchenasyl bundesweit und auch in Nordrhein-Westfalen unter Druck setzt.
„Die gestrige Räumung zeigt, dass es behördlicherseits eine ausdrückliche Bereitschaft gibt, mit aller Gewalt gegen Geflüchtete vorzugehen und ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Ein solch rücksichtsloses und brachiales Vorgehen ist das Pendant zur zunehmenden Brutalisierung an den EU-Außengrenzen: Es ist die gleiche Staatsraison, nach der mit dem SEK ein Kirchenasyl geräumt werden muss, als auch nach der an den EU-Außengrenzen militärisch aufgerüstet und sogar Flüchtlinge beschossen werden“, so Benedikt Kern, Theologe und Mitarbeiter des Ökumenischen Netzwerkes Asyl in der Kirche NRW. „Gegen diese Entwicklungen müssen nun auch die Kirchen deutliche Worte des Protests finden, um nicht der weiteren Brutalisierung der EU stillschweigend zuzustimmen.“
Sebastian Rose vom Abschiebungsreporting NRW des Komitees für Grundrechte und Demokratie e.V. betont: „Die Kirchenasyl-Räumung in Mecklenburg-Vorpommern durch eine schleswig-holsteinische Behörde ist auch eine Bedrohung für Kirchenasyle in Nordrhein-Westfalen. Geflüchtete, Unterstützer:innen und Kirchengemeinden werden hierdurch verunsichert und Ausländerbehörden könnten sich bestärkt fühlen, repressiv gegen das Kirchenasyl vorzugehen. Doch gerade jetzt sind humanitäre Schutzräume wie das Kirchenasyl notwendig, um Geflüchteten zu ihrem Recht zu verhelfen. Fassungslos macht auch, dass es sich in Schwerin um eine Familie handelte, die wegen der Verfolgung in Afghanistan eine Aufnahmezusage der Bundesregierung erhalten hatte, aber auf Grund der verzögerten Visa-Prozesse bereits eigenständig nach Europa flüchten musste.“
Das Vorgehen der Behörden in Schwerin ist kein Einzelfall: Im Juli 2023 hatte es einen Abschiebungsversuch aus einem Kirchenasyl in Nordrhein-Westfalen gegeben. Die Ausländerbehörde der Stadt Viersen hatte versucht, ein irakisches Ehepaar abzuschieben, was schließlich aufgrund des politischen Druckes aus der Zivilgesellschaft verhindert werden konnte.
Zu den Hintergründen der Räumung des Kirchenasyls in Schwerin:
Hintergrund:
Das Abschiebungsreporting NRW des Komitees für Grundrechte und Demokratie e.V. in Köln dokumentiert seit August 2021 Abschiebungen in NRW. Das Projekt macht besonders inhumane Aspekte der Abschiebungspraxis in Nordrhein-Westfalen an Einzelfällen öffentlich und nimmt besondere Härten bei Abschiebungen in den Blick.
Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche NRW (www.kirchenasyl.de) mit Sitz in Köln und Münster berät und unterstützt Geflüchtete und Kirchengemeinden in Fragen des Kirchenasyls seit 1994.
Aktuell befinden sich 168 Menschen in NRW in 147 Kirchenasylen, davon 140 Dublin-Fälle. 244 Kirchenasyle wurden in den letzten 12 Monaten beendet, davon 242 (99%) erfolgreich.
Kontakt für Presseanfragen: Benedikt Kern, Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche NRW, nrw(at)kirchenasyl.de, Tel: 01577 3143 559 Sebastian Rose, Abschiebungsreporting NRW, rose(at)abschiebungsreporting.de, Tel. 01575 40 35 862 |